Drei Arten von Ängsten bei Kleinkindern

Inzwischen lese ich immer mal hier und da Artikel zu Babies und Kleinkindern. Viele davon sind wirklich interessant und bestärken mich in dem wie ich den Lütten als Baby behandelt habe.

Einen davon möchte ich gerne mit euch teilen. Gefunden habe ich ihn auf Instagram bei einer Trageberaterin, die zu einem Vortrag recherchierte und ihre Recherche-Ergebnisse dort teilte. Ich gebe alles natürlich in meinen eignen Worten wieder und ergänze auch.

Babies und Kleinkinder erleben drei große Arten von Ängsten in ihren ersten 2-3 Lebensjahren, die mit Weinen zum Ausdruck gebracht werden.

Babies im ersten halben Jahr haben ein sehr hohes Bedürfnis nach Körperkontakt. Am Tag sowie in der Nacht.
Wie unsere nahen Verwandten, die Menschenaffen, sind Menschenbabies Traglinge.
Affenkinder klammern sich im Fell ihrer Mutter fest. Menschenkinder werden aber mit unterschiedlichsten Instrumenten an die Mutter gebunden, da das Fell fehlt an dem sie sich festhalten könnten. Klammerreflexe haben unsere Kinder aber immer noch.
Wird das Bedürfnis des Babys nach Körperkontakt nicht zur genüge erfüllt, weint es um Trennungsschmerz zum Ausdruck zu bringen. Dieser Schmerz ist fast vergleichbar mit physischen Schmerzen.

In der zweiten Hälfte des ersten Jahres wird das Kind langsam selbstständiger. Es wird durch das Krabbeln und Laufen mobiler und beginnt die neue Welt zu entdecken, wie ein Nesthocker (Kaninchen). Dazu gehört, dass es Ängste entwickeln muss um „zu überleben“. Die Mutter ist jedoch weiterhin immer in der Nähe um auf es aufzupassen und zu versorgen. Die Angst vor fremden Personen ist auch dem modernen Baby erhalten geblieben. Das Fremdeln ist ein typisches Phänomen, das man auch heute noch kennt. Es tritt mal stärker, mal schwächer auf. Manche Forscher vermuten hier einen Zusammenhang zu den Bindungstypen.

Wenn das Kleinkind dann sicher laufen kann, kann man es mit Nestflüchtern (Pferden) vergleichen. Es läuft selbstständig herum, nutzt die Mutter jedoch als sichere Basis für seine Ausflüge. Bei unbekannten Situationen kann es jederzeit in die Sicherheit seiner Mutter zurückkehren.

Die Einteilung in Nesthocker, Nestflüchter, aktiver und passiver Tragling sind dem Entwicklungsstand des Babies bei Geburt und der Lebensweise der Mutter geschuldet.
Ein Menschenkind beispielsweise wäre nach 21 Monaten im Mutterleib soweit entwickelt dass es als Nestflüchter leben könnte. Jedoch könnte eine Menschenfrau niemals ein so großes Baby auf die Welt bringen. Daher kommt das Menschenbaby nicht vollständig entwickelt auf die Welt und wird als Tragling von der Mutter stark beschützt bis es den eigentlichen Entwicklungsstand erreicht hat.
In unserer heutigen Zeit teilen sich Mutter und Vater oft diesen Job 😉

Auch Betreuer in Kitas können als sichere Bezugsperson für die Kinder fungieren, ebenso natürlich andere Verwandte. Dies funktioniert allerdings oft nur wenn schon früh eine sichere Bindung und ein Urvertrauen aufgebaut wurde, also wenn die Bedürfnisse des Babies beantwortet und gestillt wurden.

Es gibt verschiedene Bindungstypen mit verschiedenen Auswirkungen auf die Kinder. Erwiesen ist, dass der Umgang der Bezugspersonen mit den sehr jungen Kindern Auswirkungen auf die Psyche der späteren Erwachsenen hat (beispielsweise besserer Umgang mit Stress). Erwiesen ist auch, dass das, was in der Kindheit gefestigt wurde, nicht in Stein gemeißelt ist. Durch spätere Erfahrungen können auch junge Erwachsene noch positiv und negativ beeinflusst werden.

Es wäre also das Beste für das Baby den ganzen Tag Körperkontakt mit Mama zu haben bis es in die Nesthocker-Phase übergeht.
Wir alle wissen, dass das bei unserem heutigen Leben fast utopisch ist. Mütter (oder Väter) haben einfach zu viel zu tun. Selbst wenn es nur Haushalt und Einkaufen, Toilettengang oder Duschen ist.
Außerdem braucht man auch vielleicht einfach mal eine Pause, dafür muss man sich nicht schämen.
Die Vorstellung vom Heimchen am Herd ist eigentlich relativ neu und stammt aus der Zeit der Wirtschaftsblasen in denen es vielen Menschen so gut ging, dass es reichte wenn der Mann Geld verdiente.
Der Normalzustand ist eigentlich, dass die Frau mitarbeitet und sich nebenbei um die Kinder kümmert. Allerdings nicht alleine!
Meiner Auffassung nach war es mal normal (wenn man sich Naturvölker und kleinere Familienverbände ansieht), dass sich die Frauen der Familie/ Gemeinschaft bei der Aufsicht der Kinder gegenseitig halfen. So konnten kranke und erschöpfte Mütter sich ausruhen.
Heutzutage wird leider viel zu oft erwartet, dass Mütter alles alleine stemmen müssen: Job, Haushalt, Kind.
Dies führt zu Überbelastung und unglücklichen Frauen 😉
Was helfen kann ist das Tragen der Babys. Beispielsweise bei der Hausarbeit auf dem Rücken wenn es einem sonst keine Ruhe lässt..

Für uns war das Tragen die beste Lösung. Aber das ist kann je nach Kind auch anders sein. Manchen Kinder lieben zum Beispiel auch Bouncer.
Wichtig ist den meisten Kindern die Bezugsperson jederzeit sehen zu können, denn erst zwischen dem 8. und dem 12. Lebensmonat beginnen sie langsam zu verstehen, dass Dinge, die außerhalb ihres Sichtfelds liegen, existieren. Also auch Personen, die aus dem Raum gehen 😉

Der Lütte und ich stehen uns immer noch sehr nahe. Ich verfluche ihn zwar oft dafür, dass er mich immer noch auf dem Klo stört, aber andererseits genieße ich es auch wenn er mir auf den Schoß krabbelt, sich ankuschelt, und mir sagt dass er mich liebt.
Etwas schöneres gibt es für mich nicht.

Aber ich kann euch natürlich viel erzählen wenn der Tag lang ist. Deshalb hier noch ein paar weiterführende Links 😉

Die Bedeutung der Bindung für die psychische Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen

Frühkindliche Verlustängste – Folgen für das ganze Leben

Unterschiedliche Erziehungsstile nutzen dem Kind

6 thoughts on “Drei Arten von Ängsten bei Kleinkindern

  1. Liebe Anika,
    das ist ein wirklich schönes Bild von dir! Und das, was du schreibst, kann ich nur bestätigen – ich habe mein Kind das ganze erste Jahr getragen, weil er sonst immer geweint hat. Das hat sich gelohnt; er ist ein Erwachsener mit großem Zutrauen zu sich und der Welt geworden.
    Alles Gute weiterhin für dich und deine Familie
    Heike aus dem Botanischen Garten

    1. Hallo Heike,
      danke fuer deinen Kommentar 🙂
      Inzwischen wird das Tragen ja langsam wieder gesellschaftsfaehig und ich hoffe, dass die kommende Generation dadurch allgemein besser mit der immer schneller werdenden Welt umgehen kann. Eine geringere Stressanfaelligkeit kann ihnen sicher dabei helfen 😉

  2. ich glaube es geht wie so oft um die goldene Mitte. Ich glaube weder das 50er Jahre Modell „Mama kümmert sich bis zum Schulanfang quasi alleine ums Kind“ noch das aktuell von manchen angestrebte Modell „Mama versucht ab dem Alter von spätestens 10 Monaten das Kind von 8 bis 18 Uhr in die Kinderbetreuung abzugeben“ entspricht dem was wir Menschen – als Kind und eigentlich auch als Eltern – brauchen. Aber die allermeisten finden ja auch dazwischen für sich eine gute Mittellösung.

    1. übrigens ein sehr interessanter Artikel mit nachvollziehbarer Begründung fürs Tragen. Hat ja auch etwas damit zu tun, dass wir Menschen eigentlich „unreif“ zur Welt kommen. Menschliche Säuglinge sind ja wirklich im Vergleich zu anderen Tierbabies sehr hilflos, z.B. Stichwort Kopfkontrolle.

      1. Ich glaube, man muss sich einfach bewusst machen, dass Tragen etwas natuerliches ist und nichts mit Verwoehnen zu tun hat.
        Es gibt natuerlich Menschen, die nur schwer tragen koennen und Babys, die auch mit dem Kinderwagen gluecklich sind. Mich erschreckt nur immer noch die Haltung mancher Leute, dass Tragen weder fuer das Kind, noch fuer den Tragenden gut ist.

        Zum Thema Kopfkontrolle ein witziges Gedankenspiel: Wie erlebt ein neugeborener Zentaur die Welt? Unterkoerper=Nestfluechter, Oberkoerper=Tragling ohne Kopfkontrolle?

    2. Hallo Erik,

      ja, das denke ich auch. Und jedes Elternpaar muss dazu noch fuer sich die richtige Loesung finden.
      Ich waere zum Beispiel gerne mehr zu Hause, wenn es denn ginge. Andere Frauen sind vielleicht lieber mehr im Job aktiv und sehen ihren Mann dafuer lieber mehr daheim beim Kind. Und ich habe munkeln hoeren, dass manche Vaeter das sogar geniessen 😉

      Als Kind war ich mit der Loesung bei uns zu Hause uebrigens sehr gluecklich. Wir wohnten mit meinen Grosseltern in einem Haus (getrennte Wohnungen), so war immer jemand da.

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