Als arbeitende Mutter in Japan – ein Erfahrungsbericht

Seit 2012 arbeite ich nun in Japan. Seit 2015 bin ich Festangestellte in einer kleinen Firma und 2016 habe ich mein erstes Kind zur Welt gebracht.

Und was soll ich sagen? Einfach ist es nicht, aber es geht. Weil ich Glück habe. Glück mit meinem Arbeitgeber und Glück mit meiner Wohngegend.

Ich arbeite als Gärtnerin auf Baustellen und im Büro. Unsere Firma besteht aus genau zwei Leuten: meinem Chef und mir.
Als ausländische Frau genieße ich hier außerdem auch einige Privilegien, denn: Frauen können keine schweren Sachen schleppen, also muss ich das auch nicht wenn ich nicht will!
Anders herum muss ich allerdings auch im Büro Tee machen und ihn den Kunden reichen..

Meine Schwangerschaft begann ziemlich beschissen, weshalb ich meinen Chef früh einweihen und fast zwei Monate im Bett bleiben musste. Mein Chef war sehr genervt und wollte mir mein Gehalt kürzen. Daraus machte er ein Drama, als wäre das das schlimmste was einem passieren könne. Mich kratzte es ehrlich gesagt nicht wirklich. Dieser Spruch mit dem Gehalt kürzen sollte noch das eine oder andere Mal auftauchen..

Meinen Ausfall vor und die 7 1/2 Monate nach der Geburt quittierte er dann aber lediglich mit einen “Man ist dein Japanisch aber schlecht geworden!”
Ihn nervte außerdem der Papierkram für die Kita, also meine Arbeitsbestätigung. Die müsste er nämlich eigentlich ausfüllen.. Laut der Aussage meines Mannes dürfen wir das nicht selber machen. Da mein Chef sich aber jedes Jahr aufs neue weigert, fülle ich es aus und er setzt nur seinen Stempel drunter..

Als der Lütte dann die ersten Krankheiten aus der Kita mitbrachte und jeden Monat mindestens einmal krank wurde, durfte ich mir wieder den “Gehaltskürzung”sspruch anhören. Auch wurde sehr schnell klar, dass ich diese Ausfälle nicht alleine übernehmen konnte.
An Baustellentagen muss ich zur Arbeit erscheinen und mein Mann muss übernehmen. Da lässt mein Chef nicht mit sich reden (“ich habe dich nur noch hier weil du mir auf den Baustellen nützlich bist. Wenn du da fehlst, brauche ich dich nicht mehr!”). Wenn es gar nicht anders geht und mein Mann und ich beide wichtige Arbeit haben, teilen wir uns die Tage. Dann arbeite ich zum Beispiel vormittags, er nachmittags.

Dennoch bin überwiegend ich es, die sich um das Kind kümmern muss. Neben Vollzeitjob ist somit alles meine Arbeit, was nicht Wäsche waschen, aufhängen, Geschirrspülen, am Wochenende kochen, und Papierkram ist. Das sind nämlich die Aufgaben des Mannes..

Während mein Mann mir also jegliche Aufgaben rund ums Kind überlässt, piesackt mich mein Chef mit Seitenhieben auf meine Arbeits- und Fehlzeiten.
Seit das Kind da ist, kann ich nicht mehr gewöhnlich auf Baustellen arbeiten. Die Kita hat nur von 7:30 bis 20:30 auf und ich kann also nicht früher als 7:30 los, so komme ich oft später als alle anderen auf die Baustelle, und muss vor 20:30 zurück sein, weshalb ich oft nicht bis zum Ende bleiben kann. Meist bin ich auch an Baustellentagen vor 18:30 zurück, meine reguläre Arbeitszeit, weil ich die 20:30 Schicht anmelden muss und sie extra kostet. Mein Chef akzeptiert das mehr oder weniger begeistert.

Aufgrund des Kindes kann ich also nicht mehr so arbeiten wie früher und wie es in meiner Branche üblich ist. Es ist alleine meinem Chef zu verdanken, dass er das mitmacht.
Und er macht noch mehr.. Ich habe einen Deal mit ihm (sein Vorschlag), dass ich nicht mehr eine volle Stunde Mittagspause mache, sondern nur zum Essen weg bleibe. Dafür kann ich morgens eine halbe Stunde später kommen und abends eine halbe Stunde früher gehen.
Statt von 8:30 bis 17:30 arbeite ich so nur von 9:00 bis 17:00 Uhr an Bürotagen. Das freut mich sehr, da ich das Kind gar nicht so gerne so lange in der Kita habe..

Dennoch ist die Belastung an vielen Tagen sehr hoch und ich wünschte mir die Großeltern herbei, die es mir ermöglichen würden mal ordentlich zu putzen oder mich einfach nur zu entspannen. Denn wenn ich nicht bei der Arbeit bin, habe ich das Kind quasi 24/7 bei mir. Mit wenigen Ausnahmen.

Offiziell darf ich das Kind auch nicht in die Kita geben wenn ich nicht arbeite, da der Platz dort strikt an meine Arbeit gebunden ist. An MEINE Arbeit! Weniger an die meines Mannes..
Wenn ich also einen Tag frei nehme, darf das Kind eigentlich nicht in die Kita.. Obwohl ich dafür bezahlt habe (seit diesem Jahr ist die Kita für uns kostenlos).

Ich möchte nicht wissen wie es bei japanischen Frauen (ohne Ausländerbonus) in typischen japanischen Firmen aussieht. Es muss oft die Hölle sein.

Wie ein regulärer Arbeitstag in meinem Leben aussieht, kann man hier nachlesen:

Ein Tag im Leben von Anika
Der Beitrag ist ein Jahr alt, weshalb sich einiges geändert hat, aber der Grundablauf bleibt gleich.

Es ist glaube ich kaum misszuverstehen, dass ich mit der Situation nicht unbedingt zufrieden bin. Oft schaue ich neidisch auf die Mütter, die entweder Teilzeit arbeiten oder auch die, die sich eine Kita leisten können ohne überhaupt zu arbeiten.
Aber da jeder selbst seines Glückes Schmied ist, versuche ich irgendwie dorthin zu kommen.
Ich hoffe irgendwann von der Trageberatung und der Arbeit in Gärten leben zu können. Und zwar so, dass die Arbeit mir die Freiheit erlaubt auch einfach mal einen Tag frei zu nehmen wenn es dem Lütten nicht gut geht, ohne gleich vom Arbeitgeber gestresst und angemault zu werden.
Drückt mir mal bitte die Daumen 🙂

2 thoughts on “Als arbeitende Mutter in Japan – ein Erfahrungsbericht

  1. Hey,

    Sehr interessanter Beitrag! Dass deine Firma verständnisvoll ist, kann man ja nicht so unbedingt bestätigen. Wenn dein Chef mit solchen Sprüchen in Deutschland ankäme, könnte er sich ggf. auf eine Klage (Gehaltskürzung, Feuern weil Kind krank etc), doch aber zumindest eine ordentliche Rüge einstellen. Allerdings ist eure Firma auch sehr klein, da kenne ich in Deutschland fairerweise keine konkreten Beispiele. Es fehlt dann ja auch ein Betriebsrat etc.

    Nichtsdestotrotz kommt mir Japan in vielerlei Hinsicht schon sehr hinterwäldlerisch vor. Erstaunlich eigentlich, dass so viele Menschen aus sozial deutlich fortgeschritteneren Ländern dort leben und arbeiten möchten.

    Pass auf dich auf!

    Viele Grüße,
    Fabian

    1. Hallo Fabian,

      Ich glaube ich habe das etwas ungluecklich im Beitrag ausgedrueckt.. Gehaltskuerzung wegen unbezahltem Urlaub. Er meinte, ich muesste unbezahlten Urlaub nehmen und dadurch wuerde mein Gehalt weniger. Bisher bewege ich mich aber noch im Plus. Mal schauen ob ich es allerdings noch durch dieses Jahr schaffe, denn Dank Corona arbeite ich nicht so viel..
      Mich kuendigen weil das Kind krank ist waere nur bedingt richtig. Unabhaengig davon wuerde er mich nicht weiter beschaeftigen wenn die Pflegearbeiten im Garten wegfallen wuerden. Mein Job haengt also auf jeden Fall an den Pflegearbeiten. Wenn ich die nicht mehr machen kann, kann man nachvollziehen dass er mich kuendigen moechte. Das ist in Deutschland nicht anders. Nur ist es dort natuerlich nicht so einfach zu kuendigen und ein eher langwieriger Prozess. Das ist hier aber auch nicht anders da ich Festangestellte bin und daher einiges an Schutz geniesse 🙂

      Ja, ich verstehe auch nicht wie man in Japan in einer japanischen Firma zu japanischen Konditionen arbeiten moechte… Hier leben zu wollen kann ich verstehen, aber wenn man nicht eine Firma mit guten Konditionen findet… Dann vergeht einem schnell der Spass weil man vom Land nichts mehr hat (keinen Urlaub zum Reisen, kein Geld zum Reisen, keine Freizeit ausser am Wochenende..).

      Danke, ich werde auf mich aufpassen. Muss noch ein wenig daran finden die richtige Balance zwischen Job, Familie und Zweitjob zu finden, aber das klappt sicher auch noch 🙂

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