Über Kompromisse

Kompromisse sind wichtig. Und die Fähigkeit Kompromisse schließen zu können, wenn es darauf ankommt, ist noch viel wertvoller.

Dieser Blogpost weicht ein bisschen vom üblichen Thema ab. Aber was solls.. Schließlich ist Japan perfekt dafür um das Kompromisse-schließen zu lernen!

Mein Mann und ich haben eigentlich keine gemeinsamen Interessen.
Sein Herz schlägt im Takt klassischer Musik, meins ist voll von Blumen..
Da muss man ziemlich oft mal Kompromisse schließen..

Zieht man in ein anderes Land mit einer ganz anderen Kultur, heißt es ebenfalls Kompromisse schließen. Das Land kann einem wundervolle Erfahrungen geben, man muss jedoch auch oft auf das eine oder andere verzichten..
Um das ganze ein bisschen persönlicher zu halten: Japan gibt mir Sonne im Winter, dafür muss ich auf Käse verzichten. Kein echter Kompromiss, aber seid bitte gnädig mit mir! Mein Kopf ist müde, was besseres fällt mir nicht ein..

Meine Praktikantin ist 6 Jahre jünger als ich. Eigentlich nicht so viel, aber ich komme mir in ihrer Gegenwart sehr alt vor. Oft würde ich gerne sagen: „Jaja.. Die Jugend von heute..“
Aber ich verkneife es mir..

Trotzdem ist irgendwas anders.. Vielleicht die Bereitschaft Kompromisse zu schließen?
Da kam die Frage, wie das denn ginge, mit jemandem verheiratet zu sein, mit dem man keine Interessen teilt.
Wieso sollte das nicht gehen?
Ist halt nur mit mehr Beziehungsarbeit, mit mehr Reden, mit mehr Kompromissen und mit mehr Geduld verbunden.
Aber unmöglich ist es sicher nicht, der eigene Horizont wird erweitert und man lernt, sich in andere Personen besser einzufühlen und versucht ihre Sichtweise zu verstehen.
Meiner Meinung nach bringt einem das weit mehr als wenn man den ganzen Tag mit jemandem zusammen sitzt, der immer der gleichen Meinung ist. Ist das nicht auf die Dauer langweilig?
Naja.. Vielleicht nicht… Oder zumindest nicht für alle..

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass viele keine Lust auf Herausforderungen haben. Deshalb umgibt man sich mit dem was man mag und mit Leuten, die die gleichen Interessen teilen.
Ich beobachte das auch an mir.
Momentan schlaucht die Arbeit, so dass es mir schwer fällt Geduld und Interesse für Menschen mit komplett anderen Einstellungen aufzubringen. Es macht mich müde.
Jedoch ziehe ich mich nicht ganz davon zurück. Ich lese viel. Das ermüdet weniger als sprechen und hören.

Wenn man jedoch die Welt verändern möchte, ist die Fähigkeit mit den unterschiedlichsten Menschen direkt kommunizieren zu können, unabdingbar.
Möchte man seine Interessen einem breiten Publikum schmackhaft machen, sollte man nicht nur mit Gleichgesinnten auf einem Haufen hocken, sondern sich gerade mit den Leuten umgeben, die anders denken.
Man muss sich in sie hineinversetzen, sich in ihre Lagen fühlen können. Muss sie verstehen, um entweder Kompromisse eingehen zu können, oder einen Weg finden zu können, ihnen aufzuzeigen, weshalb der eigene Weg von Vorteil ist.
All diese Fähigkeiten erwirbt man meiner Meinung nach in Freundschaften, die nicht auf gemeinsamen Interessen basieren.
Natürlich kann man sie auch auf anderen Wegen erlangen, aber vielleicht dauert das etwas länger.

Bei meiner Praktikantin stelle ich nun folgendes fest: Sie will das städtische Bild Japans verändern.
Anstatt ihre freie Zeit in der Stadt zu verbringen, um diese zu studieren, fährt sie in die Natur.
Anstatt Leute zu treffen, mit denen sie konstruktiv darüber reden könnte, sucht sie sich Leute, die ihre Meinung teilen.
Anstatt das Land, in das sie grade frisch gekommen ist, kennenzulernen und die Denkweise der Einwohner verstehen zu lernen, möchte sie gleich allen direkt sagen, dass sie ihre Lebensgewohnheiten komplett ändern sollen.

Für mich ist das nicht einfach zu verstehen.. Ist das das Ungestüm der Jugend? Die fehlende Lebenserfahrung? Eine andere Generation? Oder hat sie einfach keine Lust sich mit Dingen zu befassen, die sie nicht interessieren?
Wäre es anders, wenn sie früher gelernt hätte mit anderen Meinungen auf engem Raum zu leben und Kompromisse zu schließen?
Ich glaube, wer die Welt verändern will, muss klein anfangen. Vielleicht mit Kompromissen?

Ps. Ich gebe es zu.. Diese Praktikantin veranlasst mich zu vielem Denken. Das strengt an.. Ich versuche aber einen Vorteil darin zu sehen, denn mit jemandem so viel zu tun zu haben, der meiner Meinung nach so viele Fehler macht, zeigt einem erst, wie man selbst Fortschritte gemacht hat. Wie sich das Denken positiv entwickelt hat und wie man gelernt hat, Dinge nicht immer nur vom eigenen Standpunkt aus zu betrachten.

Auch bin ich meinen Japanischkenntnissen jetzt etwas positiver gegenüber eingestellt.
Bevor ich in diese Firma kam, hatte ich nie etwas mit einem Mac und nie etwas mit einem Betriebssystem auf Japanisch zu tun.
Aber immerhin konnte ich mich nach 1x zeigen daran erinnern, wie ich den Computer aus zu schalten hatte.
Ich kann stolz auf mich sein, dass ich all die kleinen Dinge, wie die Aufzeichnungen meiner Bahnfahrten, selbst auf Japanisch durchschaut habe. Ich hatte niemanden, der mir notfalls etwas auf Englisch erklären konnte.
Mein Chef macht mich zwar immer nieder, dass ich zu langsam lerne, aber so langsam war es glaube ich gar nicht.

Ja.. Das ganze ist kein Loblied auf die Praktikantin. Aber ich muss auch ehrlich gestehen, bis auf dass sie lieb und nett ist, reißt sie mich nicht vom Hocker.
Sie versucht jede ihrer Tätigkeiten in die Richtung ihres Lieblingsthemas zu lenken und oft muss ich ihr Einhalt gebieten, weil sie damit unsere Kunden beleidigt.
Sie möchte so um jeden Preis alle von der Wichtigkeit des Themas überzeugen, dass sie darüber vergisst, was der Grund ihres Praktikums bei uns ist.
Und irgendwie fühlt es sich komisch an, wenn eine Studienabbrecherin mit Gärtnerausbildung einer Mittzwanzigjährigen mit phd Abschluss (Master hat sie einfach mal so übersprungen..), erklären muss, was sich mit ein bisschen Grips benutzen von selbst erklären würde.
Ich bin doch hier die ohne Grips!

6 thoughts on “Über Kompromisse

  1. nur weil du denkst, das du wegen eines schulabschlusse (hochschulabschlusses) die schlechteren karten hast, stimmt das nicht. es gibt leute die haben eine hohe intelligenz und den tollsten schulabschluss, sind aber im realleben unbeholfen und könnten nicht verstehen warum das so anders läuft als sie es gewöhnt sind. auf der anderen seite können leute die akademisch nicht so viel reißen konnten im realleben viel besser zurecht kommen als die kopfmenschen mit den guten noten, weil die guten noten und das um die ecke denken zählen im realleben nicht. ein hoher iq und eine tolle akademische leistung sind eben nicht die vorraussetzungen für ein gutes leben. als beispiel erzähle ich mal von einem guten freund, der nur einen hauptschulabschluss gemacht hat und dann steinmetz gelernt hat, alle dachten mit dem abschluss kann nichts aus dem werden und heute hat er eine gutgehende firma mit 20 mitarbeitern, hat den meister gemacht und hat eine tolle familie aber nach der schule dachten alle der bringt es nicht weite (sein schulabschluss war 1992, ein ehemaliger klassenkamerad)
    und dann bewundere ich dich, würde es nicht in einem anderen land schaffen, weil ich der absolute idiot bin was sprachen lernen angeht. echt alleine dafür eines so schwere sprache zu lernen verdienst du bewunderung 🙂

    1. Danke das ist lieb!
      Ich bin aber übrigens auch ein Idiot was Sprachen angeht ^_-
      Englisch habe ich dann mal so ab der 10. Klasse auf die Reihe bekommen. Von 5 auf 2 und schließlich Abi drin gemacht..
      Bei Japanisch warte ich noch immer auf den selben Durchbruch. Aber da habe ich ja noch 5 Jahre Zeit..
      Wobei Japanisch noch etwas schwerer ist. Wär mein Mann nicht hier, hätte ich vor der Sprache auch wirklich nach meinem Praktikum die Flucht ergriffen (von wegen den einfachen Weg gehen und so.. *pfeif*).

  2. Das sind genau die Leute, die es keine 2 Jahre in Japan aushalten, nur noch nach Hause wollen und dann schlecht ueber Japan reden.
    Da will ich mal behaupten, da hat die Firma bei der Einstellung leider kein gutes Bauchgefuehl bei der Person gehabt.

  3. Es gibt leider immer mal wieder so Nasen, die der Meinung sind, dass in Japan alles viel besser laufen würde, wäre alles doch nur so wie in ihrem Heimatland… Schade, dass du dich daran abarbeiten musst. 🙁

    1. Sie wurde bis jetzt nur mit dem Leben in ihrem eigenen Land konfrontiert.. Dass es in anderen Ländern komplett anders laufen könnte, schien ihr gar nicht in den Sinn gekommen zu sein.
      Heute wieder fast geheult, weil das hier mit den Wohnungen und Sharehouse Verträgen nicht so läuft wie bei ihr..
      Zum Glück ist Wohnung etc. nicht mein Bier und ich kann mich da größtenteils raushalten..
      Sie muss umziehen, weil sie wegen der großen Straße vor ihrem Fenster nur 5 Stunden pro Nacht schlafen kann.
      Ist unmöglich, dass die Vermieterfirma nichts von der Straße gesagt hat! In ihrem Land muss auf sowas hingewiesen werden!
      Einmal Googlemaps sag ich nur…

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