Goodbye Deutschland

Dieser Beitrag ist alt.. uralt sogar!
Ich habe ihn im Frühjahr 2014 geschrieben und er ist zum Teil nicht mehr ganz aktuell, trifft die Sache aber immer noch auf den Punkt, weshalb ich ihn nicht bearbeite, sondern ihn euch einfach so unterjubel!

Meine persönliche Episode.

Ja, auch ich habe eine zeitlang diese Serie gesehen.
Bis es mir auf den Keks ging, dass sie immer nur arme Tölpel gezeigt haben, die ihre Auswanderung so richtig vergeigt haben, weil sie ohne genug Rücklagen, ohne Job und ohne Sprachkenntnisse in ein anderes Land gegangen sind.

Und jetzt muss ich mir wohl eingestehen, dass ich auch zu diesen Tölpeln gehöre.. Aber wenigstens ohne Fernsehen.. Nur mit Blog ^_-

Warum ich trotzdem darüber schreibe, obwohl es für mich peinlich wird?
Ganz einfach. Zum einen schreibe ich den Blog um meine Erlebnisse für mich, meine Familie und Freunde festzuhalten, zum anderen hoffe ich, dass andere aus meinen Fehlern lernen und weniger Probleme haben werden als ich.

Als ich damals Goodbye Deutschland gesehen habe, habe ich scherzhaft gesagt, ich würde mich nie so dumm anstellen. Und an Auswanderung habe ich da auch nicht wirklich gedacht.
Und bis jetzt fühle ich mich immer noch nicht als Auswanderin.
Immer habe ich mir gesagt, sobald ich eine eigene Wohnung habe und meine restlichen Sachen aus Deutschland geholt habe, bin ich ausgewandert. Und das war einer meiner Fehler..
Zuerst kam ich als Praktikantin via Cultural Activity Visum nach Japan.
Die Organisation, über die ich hier war, kümmerte sich um alles.
Danach kam ich mit Working Holiday Visum zurück und informierte mich leider nicht richtig..
Während meines Praktikums hat sich die Gesetzeslage etwas geändert, ich machte aber einfach so weiter wie zu meiner Zeit als Praktikantin.
Außerdem sah ich die Working Holiday Zeit als Probezeit an.
Ich wollte sehen, ob die Beziehung mit meinem damals Freund funktioniert und ob ich mir vorstellen kann bei ihm zu bleiben.
Diese „Probe“ war auch ein Fehler, denn ich lebte blauäugig in den Tag hinein.
Es bestand, wie ich jetzt merkte, ein sehr großer Unterschied zwischen organisiertem Praktikum und Working Holiday..
Denn..
Jetzt, wo ich auf mein Spouse Visum wartete und meine Working Holiday Zeit zu Ende ging, habe ich angefangen meine Angelegenheiten zu regeln.

In Japan muss jeder Kranken- und Rentenversichert sein. Das wusste ich theoretisch.. Trotzdem habe ich mich dafür nicht angemeldet als ich im Mai 2013 wiederkam.
Rente war mir in der Situation sehr egal.. Ich verdiente wenig Geld und in meiner Praktikumszeit habe ich ebenfalls keine Rente gezahlt.
Außerdem hat mich niemand gefragt ob ich sie zahlen möchte..
Anders sah es da schon mit der Krankenversicherung aus..
Meine Firma zahlt die nicht für mich, also hätte ich mich in der Kokumin Kenkō Hoken, der staatlichen Krankenversicherung anmelden müssen.
Da das Working Holiday Visum aber eine Auslandskrankenversicherung vorschreibt und in meiner Praktikumszeit auch nicht in diese Kasse für mich eingezahlt wurde, ging ich davon aus, dass die Auslandskrankenversicherung reicht.
Fehler!
Als ich mich nach meiner Ankunft in Japan in Asaka anmeldete, das muss man inzwischen innerhalb von zwei Wochen, fragte man mich nach der Krankenversicherung.
Ich erklärte, ich habe eine Auslandsversicherung. Daraufhin musste ich erklären wie sie funktioniert und dann durfte ich gehen.
Zumindest habe ich es so verstanden. Im Rathaus von Asaka spricht niemand Englisch und mein Japanisch ist ja auch nicht das Beste..
Vor kurzem habe ich mich dann in die Rente eintragen lassen.
Es gibt ein Rentenabkommen zwischen Deutschland und Japan, das es ermöglicht, die schon gezahlte Rente anrechnen zu lassen.
Man muss sich also die 45 Jahre nicht neu erarbeiten, bekommt dann aber einmal Rente aus Deutschland und einmal Rente aus Japan.
Bei der Eintragung gab es keine Probleme. Ich sagte, ich wolle für 2 Jahre nachzahlen, füllte ein Formular aus und erhielt die Nachricht, dass ich in Kürze Post bekommen würde.
Da wusste ich aber schon, dass Nachzahlen kein Problem sein würde.
Gleichzeitig versuchte die Frau mir die Krankenversicherung anzudrehen.
Ich versuchte ihr zu erklären, dass ich bis Mai noch eine in Deutschland hätte und mich sowieso über meinen Mann versichern wollte.
Sie war ein bisschen hartnäckiger als die Frau vor einem Jahr, ließ mich dann aber gehen.

Dann kam die schlechte Nachricht von meinem Mann. Er war bei seinem Rathaus und hatte erfahren, dass ich nicht mit in seine Versicherung könne, weil wir noch nicht zusammen wohnen! Ja super! In Japan ist diese Situation wirklich nicht vorgesehen!
Auf Formularen macht das Probleme, eine Familienmitgliedschaft haben wir auch nur bekommen weil ich seinen Namen annehmen werde (wenn ich mich nicht dazu entschlossen hätte, was dann? Wann fängt Familie an? Nach der Heirat? Wenn man zusammen wohnt? Wenn es Kinder gibt?) und jetzt zu guter letzt muss ich mich selbst versichern..
Und das tut weh.. Zusammen mit der normalen Rente, nicht der Nachzahlung, muss ich etwa 20000 Yen pro Monat zahlen.
Wenn dann ein schlechter Monat kommt, wie der letzte, und ich insgesamt nur 30000 bei der Arbeit raus bekomme nachdem die Miete runter ist, ist das schon ganz schön hart.. Ich freu mich..
Aber für so einen Fall habe ich schließlich das ganze letzte Jahr gespart!

Ich fuhr also an einem Tag in meiner Mittagspause zum Rathaus um wegen der Krankenversicherung vorzufühlen. Das Rathaus hat nur während meiner Arbeitszeiten geöffnet. Von 9-17h. Ich arbeite von 7.30-17h…
Was ich schon wusste, mit meinem jetzigen Wohnstatus würde ich ein Problem bekommen.
Ich hatte meinen Gastvater als Hausherr angegeben.
Wenn ich jetzt in die Krankenversicherung eintreten würde, käme die Rechnung immer zu ihm. An seinen Namen und seine Adresse..
Das wollte ich natürlich nicht, weshalb ich mich in meinem Zimmer selbst zum Hausherr erklären wollte.
Erstmal erzählte mir der Mann im Rathaus aber, dass ich auf jeden Fall seit letztem Mai die Versicherung hätte zahlen müssen, da es kein Abkommen mit Deutschland über die Krankenversicherung gäbe. Anders sieht es da mit der Schweiz und Amerika aus..
Also muss man als Deutscher Working Holidayer doppelt zahlen.. Einmal Auslandskrankenversicherung (ich denke für den gesicherten Rücktransport im Notfall) und zum anderen die japanische staatliche Krankenversicherung.
Wobei das lustig wird, denn im Normalfall wechselt man mit Working Holiday ständig den Wohnsitz.. Zwar muss man sich im Rathaus immer an- und abmelden, trotzdem könnte es zu Problemen mit der Sendung der Zahlungsaufforderungen kommen..
Gut.. Er erklärte mir also, ich müsste für ein Jahr nachzahlen. Das wären wohl nur um die 30000 Yen. Damit kann ich leben.
Dann wollte ich die Haushaltstrennung vornehmen und der Versicherung beitreten.
Da ich aber in der Mittagspause da war, war die zuständige Person ebenfalls in der Mittagspause und ich sollte einen anderen Tag wieder kommen.
Gesagt getan.

Ein paar Tage später hatte ich wieder ein Date mit der Polizei und musste wegen der Übergabe einige läppischer Dokumente, von denen sie mir vorher gesagt haben ich würde sie per Post bekommen, einen halben Tag frei nehmen.
Die andere Hälfte wollte ich dann aber nutzen um noch einmal zum Rathaus zu gehen.
Dieses Mal jedoch in Begleitung von Mamoru. Zum Glück!
Der Mann erklärte ihm die Situation noch einmal genau und es wurden einige Dinge mehr besprochen als noch mit mir. Dann schickte er uns nach vorne zum Ausfüllen des Antrags zur Trennung der Haushalte.
Es blieben noch einige Fragen offen, zum Beispiel das Datum der Trennung, die wir am Schalter stellen wollten.
Der Mann von der Versicherung gesellte sich dazu und erklärte der Frau am Meldeschalter die Situation.
Und dann ging ein Gespräch zwischen der Frau, dem Mann und Mamoru los, von dem ich nichts verstand.
Als die Frau hinten verschwand um etwas nachzulesen und der Mann ebenfalls kurz zu seinem Arbeitsplatz zurückkehrte, erklärte mir Mamoru das Problem.
Wenn ich den Haushalt rückwirkend trennen würde, müsste ich wegen des Nichteintretens in die Versicherung wahrscheinlich vor Gericht.
Wenn ich die Trennung erst ab jetzt vornehmen lassen würde, würde die Nachzahlrechnung zwar an meinen Gastvater gehen, aber ich müsste wahrscheinlich nicht vor Gericht.
Schock!
Natürlich entschieden wir uns für die Haushaltstrennung ab diesem Tag und ich würde meinem Gastvater erzählen, dass da bald eine Rechnung für mich, aber an seinen Namen, ins Haus flattern würde..

Auch musste ich erfahren, dass nicht alles immer nach Plan läuft.. Man kann so viele Pläne schmieden wie man möchte, am Ende kommt doch alles ganz anders.
Aber ich liebe dieses Land und ich lebe gerne hier. Auch wenn ich in Deutschland mehr Geld verdienen könnte, für meinen Mann wäre es, trotz Deutschkenntnisse, wohl nahezu unmöglich einen akzeptablen Job zu ergattern.
Also beißen wir uns durch und erarbeiten uns Stück für Stück unser gemeinsames Leben in Japan.
Deshalb: auch wenn es mir zwischenzeitlich in Japan mal schlecht geht, weil es einfach nicht voran geht, denke ich einfach daran, wie verkorkst mein Leben in Deutschland war und wie ich in Japan aufgeblüht bin. Dann weiß ich, dass es sich zu kämpfen lohnt.
Mit meinem Japanisch geht es langsam bergauf, ich traue mir schon mehr zu (auch wenn ich unglaublich unhöflich spreche und mir immer noch die einfachsten Vokabeln fehlen) und ich arbeite an einigen Projekten für die Zukunft.
Das Leben in Japan ist kein Zuckerschlecken. Aber das weiß ja so gut wie jeder. Hier arbeitet man sich tot.
Dank meines unglaublich ungefragten Jobs in der Handwerksbranche, bin ich zum Glück davon nicht betroffen und habe nach der Arbeit noch viel Zeit an meiner Zukunft zu arbeiten. Und das tue ich auch (fast) jeden Tag. Auch wenn man sich nicht unbedingt tot arbeitet, man mutiert zum Arbeitstier..
Und immerhin bin ich erst seit einem Jahr richtig hier. Gerade genug Zeit um anzufangen all die negativen Seiten am japanischen Sozial- und Bürokratiesystem zu entdecken…

Wie ich also am eigenen Leib erfahren habe, ohne ausreichende Sprachkenntnisse, ohne genug Rücklagen und einen anständigen Job wandert es sich verdammt schwer aus!
Aber ich habe mich für meinen Mann und das Leben in Japan entschieden und werde kämpfen!

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