Ein etwas anderes Obon

Zuletzt geupdated: Juli 14th, 2022

Dies schrieb ich im Haus meiner Schwiegereltern und lauschte dem Konzert der Insekten. Es ist wirklich faszinierend wie viele man außerhalb der Stadt hat! Und dabei dachte ich immer in Tokyo gäbe es eigentlich auch recht viele kleine Viecher..

Also, es ist mitten in der Woche und keine „reguläre Urlaubszeit“ wie Golden Week oder Neujahr.
Wie komme ich also jetzt aus Tokyo raus?
Ganz einfach! Im Tanabata Eintrag konnte man schon lesen, dass dieses Fest früher eng mit Obon verknüpft war, da beide Feste in den gleichen Zeitraum fielen. Heutzutage ist das „offizielle“ Obon im August und dort hat wieder fast jeder Japaner frei.
Viele Familien feiern Obon aber immer noch im Juli. So auch meine Schwiegerfamilie.
Also hat mein Mann sich zwei Tage frei genommen um mit mir hierher zu fahren. Dieses Jahr haben wir übrigens kein ganz normales Obon.. Da die Großmutter von Mamoru letztes Jahr verstorben ist, ist es das erste Obon an dem wir sie wieder unter uns begrüßen dürfen.
Das Wohnzimmer ist also prächtig geschmückt, ganz so wie zur Beerdigung (ein bisher immer noch nicht ganz fertig gestellter Blogeintrag..). Die beiden Hausaltäre sind verhangen (traditionell hat man einen buddhistischen Altar im Hauptsitz der Familie, meine hat zusätzlich noch einen shintoistischen) und davor sind Podeste mit speziellem Schmuck aufgebaut sowie ein Foto der Großmutter.
Ich hoffe ihr versteht, dass ich davon hier kein Foto zeige, ist so eine Totenfeier doch eine sehr private Angelegenheit ^_-
Der Schmuck wird übrigens vom Beerdigungsinstitut verliehen und ist eigentlich ganz nett.. Zumindest haben sie dieses Mal die kitschigen Dreh-Leucht-Laternen weggelassen… Der Plastiklotus it natürlich aber da.
Lotus hat eine enge Verbindung zum buddhistischen Paradies (lest mal etwas über den Amida Buddhismus!), weshalb man ihn natürlich gerne als Schmuck bei Beerdigungen und Totenfeiern einsetzt.
Wie im Beitrag über Obon bereits erwähnt, ist jedoch die Lampionblume (Physalis) die typische Pflanze für ein reguläres Obon!

Auf dem Foto seht ihr eine leider sehr dunkle Version einer Beerdigungsdeko.
Hier ist alles sehr hell und weiß und wie gesagt ohne die Kitschlampen dieses Mal, dafür mit anderem Plastik-Kitsch ^_-

Da die Verstorbenen bei Obon traditionell ins Haus zurückkommen, reicht es eigentlich wenn die Familie sich im Haus versammelt.
Meist werden aber vorher noch die Gräber auf dem Friedhof geputzt.
Das hat Tradition in Japan und wird gerne von der ganzen Familie zusammen gemacht.
Da meine Familie immer stark beschäftigt ist (eigenes Restaurant), gehe ich mal davon aus, dass diese Arbeit nur von meinen Schwiegereltern erledigt wird. Vielleicht mit der Unterstützung meines jüngeren Neffen.
Wir sind ja auch zu weit weg ^_-
Die Gräber in Japan sind ein wenig anders als in Deutschland und Friedhöfe muten hier gerne wie Granitwüsten an.
Ich habe früher oft auf einem japanischen Friedhof gearbeitet und kann euch sagen, in der Sommerhitze ist das kein Zuckerschlecken!
Im Prinzip hat man einen Granitturm, auf dem der Name steht und zu dessen Füßen Räucherstäbchen und Dinge die der Verstorbene gerne mochte aufgestellt werden. Zudem noch ein Behälter für Schnittblumen.
Bei den billigsten Gräbern ist damit der Platz schon ausgereizt. Hat man mehr Geld, hat man vor dem Turm noch Platz für Laternen, zwei Büsche, Krimskrams und eine Kiesfläche, die regelmäßig von Unkraut befreit werden muss.
Vor Obon wird also eben dieses Unkraut entfernt, wenn vorhanden Büsche geschnitten, Blumen in die Vasen gestellt und der Granitturm mit Wasser abgeschrubbt.
Dafür gibt es am Friedhofseingang spezielle Eimer und Kellen.
Bürsten muss sich jede Familie selbst besorgen.

Aber zurück zu unserem Obon..
Gegen Mittag versammelt sich die Familie im Haus und wartet auf den Priester aus dem Tempel, der eine Andacht halten wird. Die ist recht kurz, maximal 30 Minuten.
Danach gibt es für alle ein Bento.
Meine Schwiegermutter ist zwar eine sehr gute Köchin, für so ein Großevent kaufen sie jedoch fertige Bentos, Platten mit Extrabeilagen und ein kleines bisschen hat sie dann natürlich doch noch gemacht..
Nachmittags geht es mit Allemann in den Tempel zum Grab und ins Hondo für eine weitere Zeremonie. An dieser Zeremonie nehmen alle Familien teil, die Obon in diesem Tempel zelebrieren. Es war voll und heiß, aber interessant.
Bisher habe ich nur an Zeremonien mit maximal drei Mönchen teilgenommen. Jetzt aber waren alle versammelt. Jeweils vier zu beiden Seiten, der Oberpriester und noch ein paar weitere im Hintergrund.

Und damit war der offizielle Teil beendet.
Natürlich kam ein Teil der Familie noch ins Haus meiner Schwiegereltern für einen Plausch. Beziehungsweise um sich umzuziehen.. Denn meine eine angeheiratete Tante wohnt in Yokosuka, einer Stadt etwas südwestlich von Yokohama, also im Einflussbereich von Tokyo.
Sie kommen immer mit dem Auto, das sie bei meinen Schwiegereltern parken.
Wir verabschiedeten uns auch recht bald um nicht ganz so spät wieder in Tokyo zu sein.

So sieht in Hamamatsu übrigens mein Frühstück aus. Etwas grünes ist auch immer noch dabei.. Mein Mann möchte übrigens anfügen, dass ich die Stäbchen falsch herum gelegt habe. Anscheinend gehören die Spitzen nach links.. Die Anordnung von Reis und Misosuppe scheint ihn dagegen nicht zu stören..

1 thought on “Ein etwas anderes Obon

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